Als die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag bekannt gab, dass sie das portugiesische Start-up-Unternehmen Feedzai für das Betrugs- und Risikomanagement des künftigen digitalen Euro-Projekts ausgewählt hat, markierte dies einen Wendepunkt in der Frage, wie Zentralbanken die Sicherheit im Zeitalter der digitalen Zentralbankwährungen (CBDCs) umsetzen können.
Der Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von vier Jahren und einem anfänglichen Wert von 79,1 Mio. EUR und einer Obergrenze von 237,3 Mio. EUR sieht derzeit keine Auszahlung durch die EZB vor. Der Auftrag ist Teil einer Reihe strategischer Verträge, die die Kernmodule der von der Frankfurter Institution als Digital Euro Service Platform (DESP) bezeichneten Plattform bilden sollen.
Warum Feedzai?
Feedzai mit Sitz in Coimbra, Portugal, hat sich durch den Einsatz von maschinellem Lernen und Echtzeit-Analysen einen soliden Ruf bei der Prävention von Finanzkriminalität erworben. Jüngsten Zahlen zufolge wickelt das Unternehmen bereits rund 8 Billionen USD an Zahlungen pro Jahr ab.
Für jede digitale Euro-Transaktion liefert das System dem Zahlungsdienstleister (PSP) eine Betrugsrisikobewertung. Der Zahlungsdienstleister entscheidet dann auf der Grundlage seiner eigenen internen Regeln, ob er die Transaktion genehmigt, ablehnt oder kennzeichnet.
Feedzai wird in Zusammenarbeit mit PwC arbeiten, das dafür sorgen wird, dass die Lösung den europäischen Datenschutz-, Sicherheits- und Regulierungsanforderungen entspricht. CEO Nuno Sebastião erklärte:
"Da in der Eurozone mehrere Milliarden Transaktionen erwartet werden, hängt der Erfolg von einer KI ab, die in der Lage ist, sich so schnell anzupassen, wie sich der Betrug entwickelt. Unsere Aufgabe ist es, die Intelligenz bereitzustellen, die erforderlich ist, um selbst die raffiniertesten Betrugsversuche zu blockieren."
Ein breiteres digitales Ökosystem
Die Vereinbarung mit Feedzai ist Teil einer umfassenderen Aufforderung, mit der die ECB Aufträge für fünf Teilsysteme des digitalen Euro vergab: Alias-Lookup, Risiko- und Betrugsmanagement, App/SDK-Entwicklung, Offline-Zahlungen und sicherer Austausch von Zahlungsinformationen.
Die EZB betont, dass diese Rahmenverträge noch keine Zahlungen oder eine vollständige Ausführung beinhalten; die tatsächliche Umsetzung hängt von einem späteren Beschluss des EZB-Rates und der Verabschiedung der Digital-Euro-Verordnung ab.
Insbesondere das Modul für Offline-Zahlungen wurde an Giesecke+Devrient (G+D) vergeben, das mit der Entwicklung von Lösungen beauftragt wurde, die es den Nutzern ermöglichen, Transaktionen auch ohne Verbindung durchzuführen. Weitere Verträge betreffen den Schutz der Privatsphäre (auch Lookup genannt), die Anwendungsentwicklung und den sicheren Austausch von Zahlungsinformationen.
Strategische Erfordernisse und Risiken
Die EZB sieht diese Investition als Teil des europäischen Strebens nach finanzieller Souveränität, das darauf abzielt, die Abhängigkeit von außereuropäischen Zahlungsverkehrskreisläufen (z.B. Visa und Mastercard) zu verringern und die Eurozone vor äußeren Einflüssen zu schützen. Die Auslagerung der Betrugsbekämpfungsinfrastruktur an ein privates Unternehmen wirft jedoch Fragen hinsichtlich des Vertrauens, der Abhängigkeit von Anbietern und der Unternehmensführung auf.
Obwohl der Deal für Schlagzeilen sorgt, werden keine Gelder ausgezahlt, bevor die EZB nicht ihre endgültige Zustimmung erteilt hat und der erforderliche Rechtsrahmen vorhanden ist.
Wie Direktoriumsmitglied Piero Cipollone erinnerte, wird die EZB"keinen Pfennig zahlen, bevor das Projekt nicht tatsächlich angelaufen ist".
Feedzai wird auch beweisen müssen, dass es auf europäischer Ebene funktionieren kann, indem es sich in heterogene nationale Bankensysteme, verschiedene Zahlungsdienstleister und unterschiedliche Regulierungssysteme integriert. Seine künstliche Intelligenz muss immer ausgefeilteren Betrugstechniken widerstehen. Fehler in Form von falsch positiven oder negativen Ergebnissen könnten das Vertrauen der Nutzer von Anfang an untergraben.
Nächste Schritte
- Die EZB beginnt nun mit Feedzai und anderen Anbietern mit der Planungs-, Entwurfs- und Zeitplanphase.
- Die Verordnung über den digitalen Euro, die für Mitte 2026 erwartet wird, bleibt der wichtigste Schritt vor der offiziellen Ausgabe.
- Das angenommene Zeitfenster für die Einführung ist 2029, obwohl es sich je nach technischen oder politischen Hindernissen verschieben kann.